Träume einer dunklen Zukunft In jenem Winter hattest Du Schlafprobleme. Nicht, weil Dein Delta-Inducer aufgrund Strommangels ausgesetzt hätte; Du hattest keinen Delta-Inducer. Es war der Winter 1994/1995. Erwache mitten in der Nacht. Im Dunkeln tastest Du nach dem Schalter der Nachttischlampe. Als Du ihn schlieslich findest, entlockt Dir der Schmerz der plötzlichen Lichtflut einen leisen Fluch. 0:48 zeigt der knallrote Wecker; schwarz auf dem seltsamen nicht-grau eines LCD-Displays. In weniger als 6 Stunden schon wird er zum Leben erwachen, und Dich mit seinen monotonen Lockrufen an das Ende der Nacht erinnern. Vielleicht bräuchte er das gar nicht. Auch so findest du immer öfter zurück in die Monotonie des Geistes, die einen ein bisschen weniger als 40 Stunden die Woche erwartet. Was mag der neue Tag bringen ? Für Case, für den Count oder für Molly birgt jeder Tag den Puls des Lebens. High-Tech, Drogengeschäfte, Leben oder Tod. Hi-Lo. Wandere durch den Raum, deine Hand findest eine Tastatur. Kein Deck. Keine "Max Reverse" - Taste. Kein Einschubschlitz für russische Militärprogramme. Dafür 4 Tasten, die mit Pfeilen die 4 Himmelsrichtungen angeben. Ein Anachronismus, denkst Du. Aber Einstecken ist nicht. Keine Schädelbuchse. Du träumst davon, entlang des Messers Schneide des Lebens zu tanzen, einen Tanz, schön, gefährlich, voll von Adrenalin. Doch Dich erwarten Buchungen, Shell-Skripten, wenn es ganz übel wird vielleicht sogar eine COBOL-Code. Du wünscht Dich hinein, in diese Zukunft. Dieses Zukunft wie sie vielleicht nie sein wird. Denn sie ist nur dort oben, in Deiner Vorstellung. Und in ähnlicher Form in deren Anderer. Doch jeder formt sie selbst, und Du weisst, daß es deshalb nie funktionieren wird. Darum legst Du dich wieder in dein Bett, und versuchst noch ein bischen zu schlafen, auch ohne Delta-Inducer. tom-09-01-95 http://www.teicher.net/cyberpunk.html